Saisonauftakt: Fast alles ist neu bei den Jets
Nur sechs Spieler aus der Abstiegssaison sind noch dabei: Die Jets starten am Samstag mit viel Ungewissheit in die NLB. Vom direkten Wiederaufstieg spricht zumindest im Moment niemand mehr. Unser Medienpartner „Zürcher Unterländer“ fühlt den Puls vor dem Saisonstart.
(von Tim Ehrensperger, Zürcher Unterländer)
Es riecht nach neu. Ein Gemisch aus Holz und Kunststoff. Die im Sommer eingeweihte Stighag-Halle in Kloten darf als Sinnbild für die Situation bei der Männerabteilung der Kloten-Dietlikon Jets herhalten: Neueröffnung. Aufbruchstimmung. Reset. Und das ist gut so, denn für die Jets in der NLA war es wie für den Reiter auf dem wütenden Stier beim Rodeo: Irgendwann fällt man runter. Im Fall von Kloten-Dietlikon hiess das: Runter in die NLB.
Immer mit dabei war Jürg Graf. Er sagt: «Wir konnten uns jahrelang jeweils knapp in der NLA halten. Doch in diesem Frühling hat es nicht mehr gereicht. Es war ein bitteres Ende einer bitteren Saison.» Zwei, drei Wochen habe er nicht an Unihockey denken wollen, dann schaute er schnell wieder nach vorne. Als eines von ganz wenigen langjährigen Teammitgliedern machte er früh klar: Ich bin auch in der NLB dabei. Und: «Jetzt erst recht.» Er erhoffte sich, so einige Kollegen vom Weitermachen und zum Bleiben überzeugen zu können. Heute muss er sagen: «Dieser Effekt war leider nicht allzu gross.» Graf führt sein Team nun als Neo-Captain an, doch nur sechs Spieler der letzten Saison sind noch dabei.
Aderlass und Transferflut
Führungsspieler wie Alain Kaiser gaben ihren Rücktritt, Scorer wie Yannick Jaunin (Glattal Falcons) wechselten in die 1. Liga, Ausländer wie Markus Kulmala (Uster) in die NLA. Es heisst, auch der Trainer soll eine Rolle gespielt haben. Doch der Jets-Vorstand machte bald klar, dass es mit Headcoach Nivin Anthony weitergehen soll. Graf sagt dazu: «Die Wechsel hatten sicher verschiedene Gründe, bei vielen fehlte schlicht die Motivation nach dem Abstieg.»
Auf den Aderlass folgte die Transferflut. Die ganze Ausländer-Delegation ist neu, drei Schweden und ein Finne wurden verpflichtet. Hinzu kommen vier neue Gesichter aus der Schweiz und drei U21-Junioren, die definitiv in die erste Mannschaft aufgenommen wurden. Doch auch der Staff rund um Trainer Anthony ist neu. Er wird unterstützt durchs Klotener Urgestein Daniel Meier und Erfolgstrainerin Simone Berner, die letztes Jahr die Frauen zum Double coachte.
Der Mann mit Notizbuch
Und dann ist da noch der Mann mit dem Notizbuch und dem schwarzen Schreiber. Hans Blaser ist Beobachter, Problemlöser, Vermittlungsperson, Ansprechpartner, kurz: Verantwortlicher Männer NLB. Seit Mitte Juli ist er bei den Jets. Seine Aufgabe beschreibt er so: «Ich bin verantwortlich, dass wir den eingeschlagenen Weg gemeinsam gehen.» Und weiter erklärt der Unternehmer, der zuvor bei GC Unihockey als Vizepräsident und Sponsoring-Verantwortlicher wirkte: «Letzte Saison wurde zu viel reingeschwatzt, jeder hatte zu allem eine Meinung. Das soll nicht mehr vorkommen. Zum Sportlichen habe ich wenig bis nichts zu sagen, da haben wir mit Simone Berner und Daniel Meier genug Kompetenz. Vielmehr bin ich hier, damit die Strukturen so durchgesetzt werden, wie sie sollten.» Wöchentlich schaut er im Training vorbei, spricht mit den Spielern, fühlt den Puls des Teams. Einfluss nehmen will er schon. Auch auf die Lebenseinstellung und den täglichen Ablauf: «Was wir hier machen ist eigentlich professioneller Spitzensport, einfach ohne dafür entlohnt zu werden. Ich will diese Professionalität vorleben. Wer am Abend vor einem Spiel in den Ausgang geht, hat bei uns nichts zu suchen.» Jeder Spieler musste eine Umfrage mit acht Fragen ausfüllen. Eine davon hiess: Wie viel Leistungsbereitschaft von eins bis zehn bringst du mit? Blaser kennt die Zahlen aller Spieler auswendig.
Und dann ist da eben noch sein Notizbuch: Während des siegreichen Cupspiels (5:2) bei den unterklassigen Rheintal Gators (1. Liga) hatte er ein Auge auf das Verhalten der Bank bei Gegentoren, die Stimmung während des Spiels oder die Kleidung des Staffs. Ihm gefiel bereits vieles, aber nicht alles: Vier Seiten notierte er sich.
Aufstieg für 2021 geplant
Wer Hans Blaser zuhört, hat das Gefühl, mit einem kompetenten Mann zu sprechen, der noch wichtig werden könnte für die Jets in der Mission Aufstieg. Doch davon sprechen zur Zeit weder Blaser noch Captain Graf. «Es ist ungewiss, wo wir stehen. Doch die Vorfreude auf die Saison ist riesig. Erste Priorität hat, dass wir uns gut entwickeln. Dann schlägt sich dies auch in den Resultaten nieder», sagt Graf. Blaser nennt das Ziel «Konsolidierung», sich also in der NLB zu festigen. Sowieso spricht man bei den Jets von einem Zweijahresplan: 2021 will man den Aufstieg.
Beide sind hochzufrieden mit der Vorbereitung und mit dem gezeigten Einsatz, es werde «überdurschnittlich gut gearbeitet», befindet Blaser. Graf sieht eine Schwäche des Teams in der noch zu kleinen Kaderbreite, für Blaser hat sich noch kein klassischer «Knipser» hervorgetan. Dafür ist der Konkurrenzkampf im Tor umso grösser: Der Schwede Simon Bergström, eigentlich als Nummer 1 geholt, wird vom wieder topmotivierten Patrick Dürst gefordert. Am Wochenende geht es los, Thurgau kommt in die Stighag-Halle. Ein erster echter Gradmesser. Denn im Thurgau spricht man im Gegensatz zu Kloten schon vom Zauberwort: Aufstieg.